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Sous-vide für Jedermann Das Garen „ohne Luft“ ist endgültig im Privathaushalt angekommen. Denn während ambitionierte Profi- und Hobbyköche noch vor ein paar Jahren locker drei bis vier Tausender für ihren „Fusion Chef“ samt Kammervakuumierer erübrigen mussten, ist solide Sous-vide- Technik heute schon um zwei Hunderter zu bekommen. Denn was man unbedingt dazu braucht, sind lediglich ein ordentliches Vakuumiergerät, die Vakuumbeutel sowie einen Temperierer fürs Wasser. Und wer gar nix ausgeben will, schafft sich sein Wasserbad mit einem großen Topf im Backrohr sogar einfach selbst. Derlei ist zwar nicht wirklich genau steuerbar, reicht aber für eine schlichte Version des frankophilen Niedertemperaturgarens, wo die Präzision keine allzu große Rolle spielt. Hier ist es aber besonders wichtig, dass die Beutel vollständig eingetaucht sind, da das Wasser die starken Temperaturschwankungen des Ofens puffert. Die Gerätschaft. Technisch besser ist es allemal, das Wasser in seinem Behältnis mittels einer kleinen Pumpe ständig in Bewegung zu halten. Die Temperaturen zirkulierter Wasserbäder sind nämlich sehr gleichmäßig und haben üblicherweise nur Temperaturschwankungen von weniger als 0,05°C. Und dafür braucht es nicht einmal unbedingt Profigeräte. Moderne Sous-vide-Garer, die optisch ein wenig an überdimensionale Lockenstäbe erinnern, ergeben in Kombination mit einem beliebigen Topf ausreichenden Formates bereits eine sehr ansprechende Gareinheit und sind zudem recht günstig zu haben (rund € 120,-) und ganz einfach in der Küchenlade zu verstauen. Oder aber die Temperatur wird mittels ausgeklügelter Technik in einer Wanne permanent überwacht und punktuell korrigiert. Diese Wannen- Temperierer sind besonders kommod zu bedienen und programmierbar – und sie sind ebenfalls inzwischen bereits um einen starken Hunderter wohlfeil. Dazu kommen ein ordentliches Vakuumgerät (auch so um die € 100,-) sowie die passenden Schlauchbeutel, die sich budgetär etwa mit 25 Cent pro Stück bemerkbar machen. Wer will, kann sich dann auch noch einen Eiswürfelbereiter für die optimale Kühlmethode zur Vorratshaltung dazu leisten. Wir haben unterschiedliche Sous-vide-Geräte der Marke Steba in dieser Preisklasse ausprobiert – und sehr erfreuliche Ergebnisse damit erzielt. Die genauen Details zu den einzelnen Prozess-Schritten finden Sie in den Bildtexten. Unsere Buchtipps: Das sehr detailreiche „Sousvide“ von Heiko Antoniewicz (€ 69,90 bei Amazon) für Ambitionierte oder das solide „Sous-vide Grundkochbuch“ von Evert Kornmayer und Bernd Ackermann (€ 18,90). Bademeister. Die allereinfachste Strategie des Sous-vide-Garens ist die Formel „Wassertemperatur = angestrebte Kerntemperatur“, wobei die Wassertemperatur meist um etwa 0,5 Grad höher eingestellt wird, um die Abkühlung durch die Lebensmittel selbst auszugleichen. Bei dieser Methode erspart man sich auch die etwas umständliche Messung der Kerntemperaturen mit Stichthermometer durch den Vakuumbeutel hindurch, ein Übergaren ist auch bei langen Wasserbädern kaum möglich. Ein vakuumiertes Steak wird also beispielsweise in 54°C warmes Wasser gelegt und verbringt dort etliche Stunden, bis es durchgängig die Garstufe medium hat. Man kann es dabei kaum übertreiben, denn in diesem Temperaturbereich kann es theoretisch auch 24-48 Stunden ohne weiteren Texturverlust gehalten werden. Wichtig ist dabei allerdings die Temperaturkonstanz, denn selbst kleine Spitzen können sehr wohl zu Übergarung führen. Die Mindestdauer des warmen Wasserbades ist aber letztlich von der Größe des Fleischstückes abhängig und steigt überproportional mit dessen Durchmesser. Wenn ein drei Zentimeter dickes Steak bei 60°C nach 32 Minuten eine Kerntemperatur von 54°C erreicht, sind bei sechs Zentimenter Dicke bereits 128 Minuten Wartezeit angesagt. Beeinflusst werden diese Parameter aber auch von Fleischqualität, Teilstück, Fettgehalt etc., weswegen hier Geduld prinzipiell die beste Tugend ist. Und natürlich sollte man eigentlich auch über die ideale Kerntemperatur seines Lebensmittels als Ziel Bescheid wissen. Denn nicht nur Fisch, Rindfleisch, Geflügel und Gemüse brauchen grundsätzlich sehr unterschiedliche Gartemperaturen, sondern auch innerhalb der Kategorien gibt es sehr starke Unterschiede nach Gattung etc. Und kollagenreiches Fleisch will und braucht natürlich eine weit höhere Kerntemperatur als ein zartes Steak. Genauer gehen wir auf dieses Thema übrigens in unserer Story „Nose to Tail“ auf Seite 6 ein. Würze statt Kürze. Ein weiterer Vorteil der Sous-vide-Methode ist die Möglichkeit, Gewürze und Aromen durch das 36
Gartabelle küchenlatein Da die Gardauer sehr stark von der Größe der Filets bzw. Stücke abhängt, listen wir hier nur beispielhaft die Sous-vide-Temperatur (= angestrebte Kerntemperatur) und Gardauer einiger Lebensmittel auf, wie wir selbst sie am liebsten zubereiten. Letztlich ist der Garpunkt aber auch immer Geschmackssache. Und es macht auch einen gewaltigen Unterschied, ob Fleisch aus dem Kühlschrank ins Wasserbad kommt oder vorher auf Zimmertemperatur gebracht wurde. Auf jeden Fall sind 12 Stunden Gardauer bei Fleisch selten zu lange, bei besonders kollagenhaltigen Teilstücken (z.B. Brisket) liegt die Dauer deutlich höher. TEMPERATUR IN °C GARDAUER CA. IN H:MIN Brisket (Rinderbrust) 80 36:00 Rib Eye Steak 48 24:00 Bauchfleisch (Schweinsbraten) 75 12:00 Schweinskotelett 55 12:00 Kalbsstelze (ausgelöst) 72 08:00 Kalbsleberfilets 58 00:15 Lachsfilet (glasig) 49 00:30 Thunfischfilet (englisch) 43 00:30 Riesengarnelen 60 01:00 Jakobsmuscheln 38 00:12 Hühnerbrust 63 00:50 Ei 62 01:00 Kartoffeln (klein) 85 01:30 Vakuum und die schonende Zubereitung sehr reintönig in die Lebensmittel zu transferieren. Bei manchen Aromaten jedoch ist Vorsicht geboten – beispielsweise bei rohem Knoblauch, der seinen Geschmack recht unangenehm verändern kann. Erst nach dem Garen im Wasserbad kommt bei den meisten Fleischgerichten die heiße Phase des Bräunungs-Erwerbs, denn da der Kern des Fleisches bereits perfekt am Punkt ist, muss nur mehr eine appetitliche Kruste auf die Oberfläche, die auch für intensive Röstaromen verantwortlich ist. Das geht direkt am Rost, in der Pfanne oder im Ofen, sollte aber immer nur kurz und kräftig erfolgen, um den eigentlichen Gargrad nicht mehr allzu sehr zu beeinflussen. Oder aber man bleibt schon beim Sous-vide-Garen einige Grad unter der Ziel-Kerntemperatur, um auch nach einer ausgiebigeren Bräunungsphase (Maillardreaktion) ein perfekt gegrilltes Stück Fleisch zu haben. Stand by. In der Gastronomie ist Sous-vide aber auch deshalb so beliebt, weil sie eine perfekte Vorratshaltung und Arbeitsvorbereitung ermöglicht. Dort wird Fleisch im Vakuum vorgegart, dann aber nicht weiter, sondern wartet stark gekühlt im Beutel auf seinen Einsatz. Trifft die Bestellung Stunden, Tage oder sogar Wochen später in der Küche ein, muss das Fleisch nur mehr im Wasserbad erwärmt und anschließend am Grill finalisiert werden. Denn während ein sachgemäß sous-vide gegartes Rindfleisch im Vakuumbeutel im normalen Kühlschrank (bei rund 7°C) maximal 5 Tage aufgehoben werden sollte, steigt diese Lagerfähigkeit indirekt proportional mit dem Sinken der Temperatur. Bei maximal 2,5°C sind es schon 90 Tage, die das (vor)gegarte Fleisch ohne Qualitätsverlust gelagert werden kann. Ein klares Plädoyer also für die sogenannte Null-Grad-Zone. Voraussetzung ist allerdings, dass der Inhalt unmittelbar nach dem Garen im Wasserbad schockgekühlt wird. Und zwar in Eiswasser, das zumindest zur Hälfte aus Eis bestehen sollte. Und ausreichend lange – denn ein gut 5cm dickes Steak, das bei einer Temperatur von nur 55°C gegart wurde, braucht fast zwei Stunden, um durch und durch abzukühlen. Nur 14 Minuten länger würde es übrigens brauchen, um von 80°C Kerntemperatur ebenfalls auf Nullpunkt-Nähe runter zu kommen. Und in dessen Nähe sollte das Fleisch dann auch bis zu seiner weiteren Zubereitung bleiben. Für Schweinefleisch gelten jedoch deutlich kürzere Haltbarkeitszeiten (max. 2 Wochen) und bei Geflügel und Fisch sollte eine Woche möglichst nicht überschritten werden. Da sich die Sous-vide-Temperaturen typischerweise zwischen 40 und 60°C bewegen, also von einer Pasteurisierung keine Rede sein kann, ist bestmögliche Hygiene jedenfalls ein Muss, um gekühlte Vorräte von Sous-vide- Gegartem anzulegen. Wer sich seiner Rohstoffe nicht so sicher ist, sollte seine Steaks noch am gleichen Tag finalisieren – die Hitze der Röstphase killt jeden Keim an der Oberfläche. 37
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